- Hausziegen gehören zu den ältesten Haus- und Nutztieren des Menschen.
- Eine Ziege ist ein relativ robustes Tier, das sehr schlau und gewitzt ist und gut klettern kann. Beide Geschlechter tragen Hörner.
- Ziegen werden auch „Kuh des kleinen Mannes“ genannt und sind einfacher zu ernähren und zu halten als viele andere Nutztiere.
Ziegen sind vielen Menschen vor allem als Nutztier, wie etwa in Streichelzoos bekannt. Doch wie und seit wann werden die Tiere durch den Menschen genutzt? Wie verhalten sie sich in freier Natur? Und was muss man alles beachten, wenn man Ziegen halten möchte?
In unserem Ratgeber lernen Sie die Ziege aus verschiedenen Perspektiven kennen und erfahren alles Wissenswerte rund um das intelligente und unterhaltsame Tier.
Inhalt
- 1. Die Ziege ist eines der frühesten Nutztiere des Menschen
- 2. Verwandschaft zwischen Haus- und Wildziegen
- 3. Lebensweise: Ziegen sind an harte Bedingungen angepasst
- 4. Haltung als Haustier: Relativ unkompliziert
- 4.1. Ein großer Offenstall mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten ist ideal
- 4.2. Ernährung: Ziegen bevorzugen nährstoffarme Kost
- 4.3. Die Sache mit dem Horn: Vor- und Nachteile bei der Zucht
- 4.4. Krankheiten bei Ziegen: Die Schreckstarre betrifft nur eine Rasse
- 4.5. Regelmäßige Pflege und Kontrolle sind Pflicht – und ein Artgenosse
- 5. Literaturempfehlungen über die Hausziege
1. Die Ziege ist eines der frühesten Nutztiere des Menschen
Die Kuh des kleinen Mannes
Weil Ziegen proportional zu ihrer Größe viel Milch geben, wird die Ziege auch „Kuh des kleinen Mannes“ genannt.
Ziegen (Capra) sind eine Gattung der Hornträger und gehören zu den Wiederkäuern und Paarhufern. Die heutige Hausziege stammt von der Bezoarziege ab, einer Wildziegenart, die noch heute in den Gebirgen zwischen Pakistan und Kleinasien vorkommt. Die Domestikation wilder Ziegen fand mindestens vor 9000 Jahren statt, wahrscheinlich sogar bereits vor dem 11. Jahrtausend v. Chr..
Daher gehört die Ziege gemeinsam mit dem Schaf und dem Hund zu den ältesten Haus- und Nutztieren des Menschen. Dabei wurde vor allem die Ziegenmilch, das Fleisch, das Fell und die Haut genutzt. Wenn keine stärkeren Tiere zur Verfügung standen oder das Gelände zu steil war, wurden Ziegen außerdem als Zug- und Lasttier eingesetzt.
Kurios: In der Vergangenheit wurden Ziegen in großer Zahl auf unbewohnten Inseln ausgesetzt, um vorbeifahrenden Seefahrern als Verpflegung zu dienen. Dies führte allerdings oft zu massiven Schäden am Ökosystem, sodass die Tiere heutzutage vielerorts wieder entfernt wurden.
Heute dienen Ziegen auch als lebende Landschaftspfleger. An Steilhängen fressen sie Büsche, schälen größere Gehölze ab und tragen so dazu bei, dass diese absterben.
2. Verwandschaft zwischen Haus- und Wildziegen
Sowohl Haus- (Capra aegagrus hircus) als auch Bezoarziege (Capra aegagrus aegagrus) sind eine Unterart der Wildziege (Capra aegagrus). Je nach Definition wird in bis zu sechs weitere Unterarten unterschieden, allerdings ist bei diesen unklar, inwieweit es sich um die Nachkommen verwilderter Hausziegen handeln könnte.
Hausziegenrassen werden nach ihrer Verwendung in die Gruppen der Fleischziegen, Milchziegen und Fellziegen (z.B. Kaschmir- oder Angoraziege) eingeteilt.
Die nächsten Verwandten der Wildziege sind verschiedene Steinböcke (wie etwa der Alpensteinbock), welche ebenfalls zur Gattung der Ziegen gehören. Außerhalb der Gattung sind Gämse und Schafe die engsten Verwandten der Ziegen, auch wenn Schafe nach neueren Untersuchungen nicht so nah mit den Ziegen verwandt sind, wie bisher angenommen.
Von Schafen unterscheiden sich Ziegen vor allem durch das aufgestellte Schwänzchen und den Bart am Kinn. Schafe hingegen haben letzteren nicht und verfügen außerdem über einen langen hängenden Schwanz.
2.1. Verbreitung: Wild begrenzt, als Haustier weltweit
Durch den Menschen verbreitet, hat die Ziege fast die ganze Welt bevölkert. In zahlreichen Gebieten der Erde lassen sich neben Nutztieren auch verwilderte Hausziegen finden. Der Lebensraum vieler wilder Ziegen hat sich hingegen immer weiter verkleinert. Sie kommen je nach Art in meist sehr kleinen Gebieten zwischen dem Himalaya und der iberischen Halbinsel vor. Die am weitesten verbreitete Wildziegenart ist die Bezoarziege, welche in einem Großteil Vorderasiens vorkommt.
3. Lebensweise: Ziegen sind an harte Bedingungen angepasst
Ziegen sind toll angepasste Tiere, die in vielen Lebensräumen zurechtkommen. Sie sind in freier Wildbahn besonders oft im hohen Gebirge zu finden, bewohnen aber auch Halbwüsten und Steppen, also Lebensräume, in denen viele andere Tiere nicht leben könnten. Um in diesen Bedingungen zu bestehen, ist es also nötig, gewisse Anforderungen zu erfüllen.
Mit ihren zweigeteilten Hufen bewegen sich Wildziegen außerordentlich sicher und schnell in felsigem Gelände. Das dichte Fell mit Unterwolle schützt sie vor Nässe und Kälte. Auf weitere Fähigkeiten, die Ziegen zu Überlebenskünstlern machen, gehen wir nun genauer ein.
3.1. Ernährung: Ziegen sind beim Fressen sehr geschickt
Im Gegensatz zu anderen Weidetieren, beispielsweise Pferden, verschmähen Ziegen meistens grünes, saftiges Gras. Viel lieber zupfen sie Blätter von Büschen, schälen Rinde ab und fressen sich sogar durch dorniges Gestrüpp.
Dabei gehen sie äußerst geschickt vor, so dass sie sich selbst nicht stechen und verletzen. Mit schmalem Mäulchen und einer langen Zunge fressen sie in Windeseile. Dank ihrer Gaumenplatte im Oberkiefer gelangt das Grünzeug besonders schnell in den Magen-Darmtrakt.
Tagsüber ruhen Ziegen viel, da sie eher dämmerungsaktiv sind. Besonders in den Morgenstunden und ab dem späten Nachmittag sind sie auf Futtersuche – vor allem in den wärmeren Gebieten. In Regionen mit kühleren Temperaturen sind sie auch tagsüber vermehrt unterwegs.
Die Ruhephasen nutzen Ziegen zum Wiederkäuen. Durch diese Fähigkeit und den Wiederkäuermagen können Ziegen auch für andere Tiere schwer Verdauliches verwerten, beispielsweise Moos. Der vorverdaute Nahrungsbrei wird hochgewürgt, erneuert zerkleinert und nach dem Schlucken der eigentlichen Verdauung zugeführt. Dabei entstehende Gase werden Ziegen durch Rülpsen wieder los.
3.2. Sozialverhalten: Die Männer schließen sich den Herden nur temporär an
Wie auch bei Schafen schließen sich Ziegen zu Gruppen zusammen, wobei hauptsächlich weibliche Tiere (Geiß, Zicke) und deren Nachwuchs (Kitz, Zicklein) gemeinsam unterwegs sind. Männchen (Böcke) bilden reine Männergruppen oder sind oft auch Einzelgänger, erst zur Paarungszeit schließen sie sich den Ziegenherden an.
Sind Ziegenböcke mit sechs bis acht Monaten geschlechtsreif, verbreiten sie einen sehr intensiven Duft, der von vielen Menschen als unangenehm empfunden wird. Während der Paarungszeit ist der Geruch meist noch deutlich intensiviert, was in der Heimhaltung oft auch Nachbarn auf den Plan ruft.
Als Haustiere gehalten und ohne Ambitionen zur Zucht sollte ein Ziegenbock daher am besten kastriert werden (einen kastrierten Bock nennt man Mönch). Einige Ziegenrassen sind saisonal paarungsbereit, andere aber das ganze Jahr hindurch, weshalb es schnell zu viel Nachwuchs kommen kann. Die Trächtigkeit dauert etwa 150 Tage, nach denen ein bis drei Babyziegen zur Welt kommen. Gesäugt werden die Kleinen zehn Monate, fressen aber bald zusätzlich selbständig feste Nahrung.
3.3. Charakter: Intelligent, frech und manchmal unberechenbar
Ziegen sind soziale Tiere, die in der Herde leben und dort jeweils ihre eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Sie sind sehr intelligent, gewitzt und manchmal auch frech – insbesondere testen sie gerne ihre Grenzen aus und überprüfen auch immer wieder mal, ob sie beispielsweise das Gehege nicht verlassen können.
Im Umgang sind Ziegen sehr freundlich, können eine starke Bindung zu ihren Bezugspersonen aufbauen und sind äußerst lernfähig. Wenn es um Futter geht, sind sie allerdings sehr durchsetzungsstark.
Wer schon einmal zur Fütterung mit einem Eimer ein Ziegengehege betreten hat, weiß, dass man diesen richtig gut festhalten und sich ebenfalls durchsetzen können muss.
Kinder machen die gleiche Erfahrung im Streichelzoo: Ziegen wissen sehr schnell, wie sie das erreichen was sie wollen.
Toll: Ziegen sind nicht nur äußerst schlau, sie können auch Stimmungen von Menschen erkennen. Dr. Alan McElligott, der seit vielen Jahren mit Ziegen forscht, hat seine neuesten Ergebnisse veröffentlicht: Ziegen interagieren mehr, wenn Menschen freundlich schauen. Ist der Gesichtsausdruck jedoch grimmig, wenden sie sich ab und wollen nichts mit der Person zu tun haben. Die veröffentlichte Originalstudie finden Sie hier.
4. Haltung als Haustier: Relativ unkompliziert
Zwar müssen wie immer einige Dinge beachtet werden, wenn man sich ein Haustier anschafft, allerdings ist die Haltung von Ziegen gar nicht so kompliziert.
Das Wichtigste vorweg: Ziegenhaltung muss sowohl beim zuständigen Veterinäramt als auch bei der Tierseuchenkasse angezeigt werden. Ziegen sind in manchen Bundesländern beitragsfrei. Zudem brauchen Ziegen ab dem Alter von 9 Monaten und beim Verlassen des Grundstückes Ohrmarken.
4.1. Ein großer Offenstall mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten ist ideal
Ideal ist ein Offenstall mit mindestens 3,5 Quadratmeter Platz pro Tier und einer ausreichend großen angeschlossenen Weide. Diese muss ausreichend hoch eingezäunt sein (mind. 1,20m) und der Zaun regelmäßig kontrolliert werden.
Ziegen brauchen Möglichkeiten der Beschäftigung, beispielsweise Klettermöglichkeiten, Platz zum Springen und Hüpfen. Als Einstreu eignet sich Stroh, welches täglich gewechselt werden sollte. Je mehr Tiere es sind, umso mehr Rückzugsmöglichkeiten wie erhöhte Liegeflächen müssen Sie anbieten.
Anfängerziegen: Spezielle Rassen, beispielsweise Zwergziegen, brauchen zwar etwas weniger Platz, aber genauso viel Beschäftigung. Grundsätzlich sind etwas kleinere Exemplare aber gut für Anfänger geeignet.
4.2. Ernährung: Ziegen bevorzugen nährstoffarme Kost
Morgens und abends wird faserreiche Nahrung gefüttert, in der Regel rund drei Kilogramm Heu pro Tier und Tag. Je nach Jahreszeit oder besonderem Bedarf gibt es zusätzlich Rüben, Rübenschnitzel oder Silage. Fütterung von Kraftfutter wie Mais, Hafer oder Gerste braucht es normalerweise nicht, kann für ältere, geschwächte oder säugende Tiere aber ein zusätzliches Päppelfutter darstellen.
4.3. Die Sache mit dem Horn: Vor- und Nachteile bei der Zucht
Die Natur hat Hörner für beide Geschlechter vorgesehen. Allerdings wurde durch gezielte Zucht das Horn weggezüchtet, sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren. Da viele hornlose Tiere unfruchtbar sind, ist das ein Nachteil bei der Zucht.
Allerdings reduziert Hornlosigkeit das Verletzungsrisiko unter den Tieren, die mit Stößen gegen den Kopf ihre Rangordnung klären. Bei einem großen Platzangebot ist das Risiko für Verletzungen allerdings ebenfalls deutlich gemindert.
4.4. Krankheiten bei Ziegen: Die Schreckstarre betrifft nur eine Rasse
Ziegen gelten gemeinhin als sehr robuste Tiere. Es gibt jedoch eine Ziegenrasse aus den USA, die Myotonic oder auch Fainting Goat, die bei Gefahr in eine Schreckstarre verfällt. Das ist als Ziegenohnmacht bekannt und auf einen Gendefekt zurückzuführen. Die Muskelerbkrankheit Myotonia congenita Thomsen führt zu Krämpfen der Muskeln, wenn sich ein Tier erschreckt. Die Folge ist ein regungsloser Ohnmachtszustand für etwa zehn Sekunden. Danach kann das Tier sich wieder ganz normal bewegen und aufstehen.
Abgesehen davon sind die folgenden Symptome typisch für Krankheiten bei Ziegen: Ziege frisst nicht (Appetitlosigkeit), stumpfes Fell, kahle Stellen, Humpeln, liegt extrem viel, wirkt apathisch, Ausfluss aus Maul oder Nase.
4.5. Regelmäßige Pflege und Kontrolle sind Pflicht – und ein Artgenosse
Ziegen sollten niemals alleine gehalten werden, das Minimum liegt daher bei zwei Tieren. Die Klauen müssen regelmäßig kontrolliert und zweimal pro Jahr ausgeschnitten werden, hierfür gibt es spezielle Trainings oder auch Fachmänner/Fachfrauen, die man dafür engagieren kann. Ziegen werden außerdem etwa drei Mal pro Jahr entwurmt, ansonsten können sie krank werden.
Werden Ziegen gut gepflegt und artgerecht gehalten, können sie 15 bis 20 Jahre alt werden. Eine Anschaffung sollte daher gut überlegt sein – der Kontakt zu regional organisierten Ziegenzuchtverbänden kann gerade in der Anfangszeit für Fragen und Probleme nicht schaden, zumal Sie Ihre Sachkunde nachweisen müssen. Die Haltungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für die Krankheiten der kleinen Wiederkäuer finden Sie hier.
Der Kaufpreis pro Tier liegt – je nach Rasse – bei etwa 60 bis 300 Euro. Die Unterhaltskosten sollten im Vorfeld gut kalkuliert werden und werden durch die Pacht für Weide und Kosten für Tierarzt und Futter bestimmt.
Grundsätzlich ist auch in der Heimhaltung das Melken, die Nutzung von Ziegenmilch oder sogar die eigene Produktion von Ziegenkäse etc. möglich. Allerdings sind hierfür weitergehende Kenntnisse nötig, die Sie sich beispielsweise in Lehrgängen aneignen können.